Donnerstag, 17. Mai 2018


Das Gift der Scolopendren

Immer wieder kriege ich mit, dass es wenn es um das Thema der Giftigkeit von Hundertfüßern geht, absolute Rathlosigkeit herrscht … Ich möchte heute gern Licht ins Dunkle bringen indem ich nun diesen Artikel schreibe.
Im Gegensatz zu Tausendfüßern benutzen Hundertfüßer ihr Gift nicht nur zur Verteidigung, sondern auch für die Jagd. Sie benutzen es um die Beute zu lähmen, zu töten und auch um sie vor zu verdauen. Dabei ist die Stärke des Giftes und die Menge, sowohl von der Art als auch von der Größe des Tieres abhängig. Interessanterweise finden sich die giftigsten Hundertfüßerarten in Asien.
Leider ist die Art und Weise des Wirkens noch nicht so richtig erforscht, fest steht aber das es sich um ein Gemisch aus Serotonin und Histamin handelt. Diese Stoffe lösen sehr starke Schmerzen aus, dazu kommen aber noch einige weitere eiweißspaltene Substanzen, die aller Wahrscheinlichkeit nach der Verdauung dienen. Bei einer sehr häufig gehaltenen Scolopendra Art Scolopendra Subspinipes hat man das Gift schon genauer untersucht, dabei stellte sich herraus, dass es die Herzmuskulatur schädigt und rote Blutkörperchen zerstörte. Diese Mischung wirkt gerade bei kleinen Wirbelltieren und Insekten sehr schnell und  effektiv. Nicht zu unterschlagen ist auch, dass ein gewöhnlicher Scolopendra Subspinipes genügend Giftvorräte besitzt um 25 adulte Mäuse zu töten !
Wenn man das Gift der Scolopendren nun anhand dieser Informationen einordnen müsste, kommt man zu dem Schluß, dass es sich hierbei um ein Mischtoxin handelt. Dieses besitzt eine starke neurologische Wirkung. Betroffende (die meisten Bissunfälle passieren in Asien) berichten unteranderem von einer Atembeschleunigung, Schweißausbrüchen, Atemlähmungen, Erbrechen, Krämpfe und in zwei Fällen aus Asien sogar der Tod ! Dies sind aber auch wirklich absolute Extremfälle, normalerweise bleibt es bei starken Schmerzen (über mehrere Tage) und eine mehr oder weniger starke Schwellung, entweder rot oder blau. Gelegendlich fühlt sich das betroffene Glied taub an.
Die einzigsten beiden ernsthaft nachvollziehbaren Todesfälle durch einen Scolopendra sind einerseits ein Kind von den Phillipinen, was in den Kopfgebissen wurde und nachweislich an der Giftwirkung starb und ein älterer türkischer Mann, der von einem Scolopendra Morsitans gebissen wurde. Dieser verstab aber nicht am Gift des Hundertfüßers, sondern an einer bakteriellen Infektion IN FOLGE des Bisses.
Allerdings verteidigen sich Scolopendren nicht nur durch Giftbisse. Den Scolopendren der Gattung Heros, sagt man auch nach, dass sie ein Wehrsekret in ihren laufbeinen, produzieren. Mehrere Züchter berichteten von Entzündeungen der Haut, auch wenn das Tier nur darüber gelaufen ist. Auch besitzen Hundertfüßer ein Wehrsekret, was in der Coxaldrüse produziert wird und nicht nur vor Fressfeinden schützt, sondern auch vor Bakterien und Pilzen.
Im Gegensatz zu den Vogelspinnenhaltern, die ja bekanntlich ein sehr mildes Gift besitzen, haben wir Scolopendrahalter es mit einem waschechten Gifttier zu tun. Müssen wir jetzt Angst vor unseren Tieren haben ? Nein natürlich nicht ! Wir müssen immer nur die Vorsichtsmaßnahmen richtig einhalten und immer dafür sorgen, dass nichts unvorhergesehenes passieren kann. Deshalb bin ich persönlich auch der Ansicht, dass Anfänger in der Wirbellosenterraristik auch gut mit einem Scolopendra anfangen könnten, da man nur sehr vorsichtig sein muss. Dann wird sowohl Anfänger als auch Profi nichts passieren.
Zähne
Beißwerkzeuge eines Scolopendras – Das erste Beinpaar wurde im Laufe der Evulotion zu mächtigen Fangzähnen umgestaltet

Das richtige Futter für Scolopendra

Wie ich in meinem letzten Beitrag schon geschrieben habe sind Scolopendra aktive Jäger. Das heißt, dass sie in ihrer Umgebung alles nach Futter absuchen und auch vor Futtertieren die größer sind als sie selbst nicht halt machen … Es ist gar nicht schwer einen Hundertfüßer richtig zu füttern, aber auf ein paar grundlegende Dinge sollte man schon acht geben.
!!! Als aller erstes möchte ich klar darauf hinweisen, dass Hundertfüßer KEINE Tausendfüßer sind. Tausendfüßer sind reine Vegetarier und leben von verrottendem Material, Hundertfüßer leben ausschließlich carnivor !!!
Damit währe die Frage nach dem Material nähmlich schon mal geklärt – Rein tierisches Futter verfüttern. Jungtiere können gut mit Microheimchen oder Fruchtfliegen gefüttert werden. Meistens möchte man aber erstmal mit einem adulten Tier anfangen, was natürlich enschieden größeres Futter braucht. Um es anfängertauglich zu halten lisste ich hier nur Futtertiere auf die man im Zoofachhandel erwerben kann.

Geeignete Futtertiere sind:
Heimchen
Heimchen (guter Nährwert für kleine bis mittlere Scolopendra)
Schokoschaben
Schokoschaben (sehr guter Nährwert für mittlere bis große Scolopendra)
Grille
Schwarze Mittelmeergrille (Achtung kann den Scolopendra bei der Häutung anfressen – immer darauf achten das sie wirklich gefressen wurde !)
Für zwischendurch / als Leckerli / Selten gefüttert werden sollte:
Mehlwürmer
Mehlwürmer (zu viel Fett – zu wenig Protein)
Zoophobas
Zoophobas (zu viel Fett – zu wenig Protein / verbudeln sich gern mal)
Rosenkäferlarven
Rosenkäferlarven (Zu viel Fett / zu wenig Proteine /Verbudeln sich gern mal)
Was man gar nicht verfüttern sollte:
Maus
Weiße Futtermaus – Wird nicht komplett gefressen (Es stinkt bestialisch) Haut, Haare und Knochen stören beim Fressen KANN DEN HUNDERTFÜßER VERLETZEN ODER SOGAR TÖTEN !
Gecko
Futtergecko / Asiatischer Hausgecko Wird nicht komplett gefressen / Haut / Knochen stören beim Fressen Stinkt auch bestialisch
Scolopendra sollten jede Woche ein/zwei Mal gefüttert werden. Eine Woche nach der Häutung sollte man warten, damit der Panzer aushärten kann und die Beißwerkzeuge auch schön fest sitzen. Dann kann man auch einmal in der Woche das Wasser auswechseln.

Scolopendra Terrarium richtig einrichten

Hundertfüßer
S. Subspinipes „Red Thai“
Ein Scolopendra-Terrarium muss nicht unbedingt hübsch aussehen, die Funktionalität dieses ist deutlich wichtiger.
Beginnen wir mit dem richtigen Typ des Terrariums, der sollte nämlich gut gewählt sein. Immer wieder hört oder ließt man, dass man Scolopendra niemals in herkömlichen Schiebe – bzw. Falltürterrarien halten sollte. Sie sollen sich angeblich durch den Schlitz des Schiebetürterrariums schieben können oder bei dem Öffnen des Falltürterrariums blitzschnell entweichen. Wenn man diese Leute dann aber fragt, woher sie diese Aussage haben stellt sich schnell raus, dass dies über dritte immer weiter gegeben wird. Ich für meinen Teil habe auch schon mittelgroße Hundertfüßer,  Scolopendra Subspinipes „High Red“ in Schiebetürterrarien gehalten … bei mir ist nie einer ausgebrochen. Wenn man aber auf Nr. Sicher gehen will, kann man sogenannte „Safeterrarien“ verwenden, diese kann man von oben öffnen und können durch das gewicht der Scheibe auch nicht aufgedrückt werden. Einige Halter benutzen auch Plastikboxen (in entsprechender Größe und mit Lüftungslöchern versehen). Ich finde es für Halter mit vielen Tieren durchaus geeignet, allerdings wird sich aber keiner eine Plastikbox ins Wohnzimmer stellen … Wenn man dem Hundertfüßer auch noch genügend Versteckmöglichkeiten gibt, wird er einem beim Öffnen des Terrariums auch nicht „entgegen“ kommen.
Terrarium
Safeterrarium – Gut für Scolopendra
Nun da wir uns für einen bestimmten Terrarientyp entschieden haben, müssen wir uns auch noch für die richtige Größe entscheiden: Hundertfüßer sind aktive Jäger, das heißt dass sie nicht einfach wie Vogelspinnen auf etwas fressbares warten, sondern auf die Suche gehen. Ein „Spinnenwürfel“ (30x30x30 cm) reicht da meistens nicht aus, der S. Gigantea wird schon 35 cm groß ! Der „Spinnenwürfel“ mag für kleinere Arten wie S. Cingulata oder S. Morsitans (max. 10 cm) ausreichen, für mittelgroße Arten wie S. Subspinipes oder S. Dehanii sollten es aber schon mindestens 50x40x40 (LxBxH) zur Verfügung haben. Für sehr große Arten wie S. Gigantea, S. Robusta oder S. Gallapagoensis sollten es aber mindestens 60x30x30 (LxBxHX) sein.
Da wir uns jetz für eine Größe entschieden haben stellen wir das Terrarium in einem Raum auf (der vorzugsweise nicht der Partykeller ist), der also einigermaßen Tageslicht zulässt und für mögliche Kinder unzugänglich gemacht werden kann. Es sollte allerdings durch das Tageslicht keine Hitze entstehen.
Jetzt können wir das Terrarium einrichten: Das wichtigste ist dabei der Boden. Es sollte mindestens 15 cm, besser noch 20 cm Substrat vorhanden sein, denn unsere Hundertfüßer Buddelt gern. Als Substrat eignet sich zum Beispiel Maulwurfshügelerde, dort sind viele bodenbewohnende Lebewesen, wie z.B. Springschwänze drin. Deshalb solte sie bitte nicht „sterilisiert“ werden. Diese Tiere verhindern unteranderem Schimmel im Terrarium. Allerdings sollte man bei den Maulwurfshügeln darauf achten, dass sie nicht durch etwaige Pestizide oder ähnliches „verseucht“ wurden. Man sollte aber darauf achten, dass die Erde grabfähig ist (im feuchten Zustand knetbar) und nicht wie loser Sand einfach einstürzt. Man sollte auch nicht den überteuerten Kokoshumus aus der Zoohandlung verwenden, da er genau so wie Blumenerde irgendwann knall hart geworden ist. Wenn das Substrat eingefüllt ist kann man Versteckmöglichkeiten in Form von Rinde oder Korkröhren einauen. Ich verwende immer ersteres. Ich lege die Rindenstücke entweder einfach auf die Erde oder vergrabe sie halb, damit der Hundertfüßer sich im Zwischenraum, zwischen Holz und Erde aufhalten kann.
Wenn man will kann man das Terrarium dann Bepflanzen. Da Hundertfüßer reine Carnivoren sind, fressen sie keine Pflanzen an und so können sehr viele Pflanzenarten dafür in Betracht gezogen werden. Wichtig ist bloß, dass sie eine relativ hohe Feuchtigkeit aushalten und robust sind (manche Hundertfüßer klettern). Efeututen eignen sich zum Beispiel. Einige Arten klettern ein wenig, wie zum Beispiel S. Subspinipes, weshalb ein paar Kletteräste oder Rinden nicht feheln sollten.
Da sich Hundertfüßer gern tarnen ist es sinnvoll eine Laubschicht (nicht zu dick => bodenbedeckend) einbringen, da sie sich gern darunter verstecken und es nach Nahrung absuchen. Moospolster aus dem Wald erhöhen im feuchten Zustand im Terrarium sehr gut die Luftfeuchtigkei. Bei bepflanzten Terrarien kommt man um eine Pflanzenwachstumsfördernde Beleuchtung nicht drumrum und auch in Räumen in denen nicht 24/25 °C herrschen sollte eine wärmende Beleuchtung angebracht sein.
Zum Schluß sollte noch ein Wassernapf eingebracht werden, da diese Tiere sehr schnell dehydrieren. Auch sollte das Substrat immer feucht sein (erledigt sich durch Pflanzen gießen) und es sollte regelmäßig gesprüht werden. Dann hat man schon ein schönes Terrarium für seinen Scolo.
Dosen
Nicht hübsch, aber für Scolopendren gut eingerichtete Boxen